Jugend im Standby

Erste JOBLINGE-Studie:
Was hält junge Menschen vom Schritt in die Ausbildung ab?

Im Auftrag von JOBLINGE hat das rheingold Institut eine qualitative Studie zur Lage junger Menschen ohne berufliche Bildung durchgeführt.

Der Fokus gilt dabei der Zielgruppe der NEETs: Jugendlichen, die nicht in Ausbildung, Arbeit, Schule oder Studium sind.

Zu dieser Gruppe gehören bundesweit über 630.000 junge Menschen. Viele von ihnen könnten den Weg in berufliche Bildung aufnehmen – doch was hält sie davon ab? Der Forschungsstand ist bisher dünn. Die vorliegende Studie soll helfen zu verstehen, was junge Menschen von der Ausbildung abhält und wie sie dafür motiviert werden können. 

Hier erfahren Sie mehr über die Herleitung, Konzeption und Ergebnisse der Studie. 

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Zitate

Danke an unsere Partner die unsere Studie ermöglicht haben.

Die 5 wichtigsten Erkenntnisse

01
Die Zielgruppe junger Menschen ohne Ausbildung ist schwer erreichbar. Klassische Wege der Ansprache, Angebote und Anreize schlagen bei dieser Zielgruppe nicht an.
02
Wir sprechen nicht über eine homogene Gruppe junger Menschen: Die Studie identifiziert sechs Typen mit individuellen Vermeidungsstrategien in Bezug auf berufliche Bildung.
03
Die Studienteilnehmer*innen schwanken zwischen mangelndem Selbstwert und überhöhtem Selbstbewusstsein. Das macht deutlich: Es braucht persönliche Betreuung, vertrauensvolle Beziehungen und geschultes Personal, um die Zielgruppe für Ausbildungen zu erreichen.

04

Die Studienteilnehmer*innen können mit der Idee einer Gesellschaft und gesellschaftlicher Teilhabe wenig anfangen. Sie fühlen sich von der Gesellschaft abgekapselt, misstrauen öffentlichen Institutionen und ordnen sich – wenn überhaupt – kleineren Social Bubbles zu.
05
Die Optionen nach der Schulzeit erscheinen den Studienteilnehmer*innen unendlich – das löst Überforderung, Druck und Rückzugstendenzen aus. Sie wünschen sich vorstrukturierende Unterstützungsangebote im privaten und beruflichen Bereich.

Warum es fundierte Erkenntnisse über die Zielgruppe NEET braucht, aber kaum gibt.

Jugend im Standby: Mehr als 630.000 NEETs

Viele junge Menschen ohne Ausbildung verharren im Standby-Modus. Sie sind in einer Wartehaltung und finden keine Wege in Ausbildung, Qualifikation oder Arbeit. Doch wie kommen sie aus dieser Lage raus?

Bereits vor der Covid-Pandemie konnten geschätzte 20 Prozent der arbeitslosen Jugendlichen von den zuständigen Stellen nicht mehr aktiviert werden: Bei vielen herrscht Misstrauen gegenüber öffentlichen Institutionen und Hilfsangeboten. In den vergangenen zwei Jahren stieg die Zahl noch weiter an: Schätzungsweise 630.000 Jugendliche unter 25 sind laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung weder in Beschäftigung, Ausbildung oder Schule. Dass diese Gruppe der NEETs (not in employment, education or training) am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt fehlt, bedarf keiner Erläuterung.

Wie erreichen wir die „Unerreichbaren“?

Bei JOBLINGE begleiten wir junge Menschen mit schwierigen Startbedingungen auf ihrem Weg in Ausbildung oder Arbeit. Seit einigen Jahren – verstärkt durch die Corona-Pandemie – stellen wir fest: Viele Jugendliche sind für uns und andere Akteure am Übergang Schule Beruf unerreichbar. Sie ziehen sich zurück, misstrauen öffentlichen Institutionen und nehmen keine Unterstützung wahr.

2022 haben wir uns mit dem Projekt JOBLINGE Hybrid die Frage gestellt, wie wir diese Zielgruppe – die vermeintlich unerreichbaren – in Zukunft für Unterstützungsangebote und Berufsbildung begeistern können. Uns wurde klar, dass vielen Akteur*innen am Übergang Schule Beruf ein umfassendes Verständnis für die Zielgruppe fehlt. Das liegt auch daran, dass diese jungen Menschen bisher kaum erforscht sind und wenig Gehör finden.

Es ist also an der Zeit, dass wir – und andere Akteur*innen am Berufsbildungsmarkt – besser verstehen, wo wir ansetzen können und unsere Arbeit auf wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen aufbauen.

Zielsetzung der Studie

In der Studie wird tiefenpsychologisches Verständnis für junge Erwachsene ohne Berufsausbildung entwickelt. Dies umfasst die Analyse ihrer Alltagsgestaltung, Sehnsüchte, gesellschaftliche Einbindung und Nutzung von Kommunikationskanälen. Zudem wird der Umgang mit Anforderungen, Motivation und Frustration untersucht, um motivierende Botschaften abzuleiten. Die Studie zielt auf klare Empfehlungen für eine optimale Erreichbarkeit und Ansprache dieser Zielgruppe ab.

Zielgruppe und Methodik

Was kennzeichnet die Zielgruppe?

Das rheingold Institut hat im Juli und August 2023 38 junge Menschen intensiv befragt und analysiert. Um sicherzustellen, dass die richtigen Teilnehmer*innen ausgewählt werden, gab es folgende Kriterien:

01

Seit mindestens einem Jahr nicht mehr in der Schule

02

Seit mindestens einem Jahr nicht in Berufsausbildung

03

Seit mindestens einem Jahr nicht in Fach(Hoch)schule, Universität oder sonstiger beruflicher Maßnahme

04

Seit mindestens einem Jahr ohne Kontakt zu Arbeitsamt oder beruflichen Bildungsträgern

05
wohnen im Elternhaus, in Wohngemeinschaften oder in betreuten Wohneinrichtungen
06

einige sind in geringfügiger Beschäftigung oder ungelernten Jobs tätig

07

einige sind Bürgergeld-Empfänger*innen oder in Bedarfsgemeinschaft

20 Prozent der Studienteilnehmenden haben Migrationshintergrund, sprechen sehr gut deutsch. Als Ausschlusskriterium wurden manifeste psychische Erkrankungen (in Behandlung und deshalb arbeitsunfähig) festgelegt.

Welche Methoden wurden eingesetzt?

Das Rheingold Institut hat die Ergebnisse durch eine umfassende Vorgehensweise ermittelt. Dies beinhaltete eine zweistündige qualitative Befragung junger Erwachsener zu Themen wie Lebensgefühl, Selbsterleben, Zugehörigkeit und deren Kommunikationskanälen.

Zusätzlich fand ein Workshop-Tag mit 10 Jugendlichen statt, bei dem Gruppen- und Einzelaufgaben durchgeführt wurden. Der Fokus lag dabei auf der Untersuchung motivierender und frustrierender Elemente sowie der Erkundung der inneren Perspektiven der Teilnehmer.

Schließlich wurde eine tiefenpsychologische Analyse durchgeführt, um Erkenntnisse zu gewinnen und gezielte Empfehlungen für die Ansprache und Botschaften zu entwickeln.