„Wer bin ich und was kann ich?“, Antworten auf diese Fragen sucht Doreen Fiedler als Koordinatorin für Jugendliche und Mentor*innen bei JOBLINGE in Leipzig gemeinsam mit den Teilnehmenden. Darüber, was Berufsorientierung leisten muss und wie die Jugendlichen ihren Platz im „großen Puzzle des Lebens“ finden. Das Interview wird veröffentlicht anlässlich der zehnjährigen Jubiläums der JOBLINGE gAG Leipzig dieses Jahr.
Was ist wichtig, damit Jugendliche den für sie passenden Beruf finden?
Jugendliche müssen erfahren, welche Stärken sie haben, was sie begeistert und wofür sie brennen. Wir bei JOBLINGE glauben an die jungen Frauen und Männer und unterstützen sie, wenn sie ihre Komfortzone verlassen, um berufliche Chancen zu nutzen.
Die Jugendlichen müssen dafür Zeit und Kraft investieren. Im Praktikum erleben sie dann, was ihre eigenen Hände schaffen und machen Erfahrungen. Sie treffen Entscheidungen und erreichen in den allermeisten Fällen mit Geduld und Ausdauer ihr Ziel.
Welche Hürden gibt es auf dem Weg zur richtigen Ausbildung?
Jede*r kennt Absagen nach Vorstellungsgesprächen oder keine Rückmeldungen auf Bewerbungen – das kann demotivieren. Manchmal wird man mit Vorurteilen konfrontiert, weil beispielsweise Lebensläufe Brüche aufweisen. Selbstzweifel, falsches Selbstbewusstsein bis hin zu psychischen Beeinträchtigungen machen es oft unmöglich, dass der oder die Jugendliche sein Leben aktiv in die Hand nimmt.
Zu wenig Lebenserfahrung, ungenaue Berufsvorstellungen und manchmal auch Überschätzung der eigenen Fähigkeiten können wiederum dazu beitragen, dass Jugendliche nicht vorankommen, weil ihre Wirklichkeit nicht mit der realen Arbeitswelt übereinstimmt.
Unsere Aufgabe bei JOBLINGE ist es, gemeinsam mit den Jugendlichen herauszuarbeiten: Wer bin ich? Was kann ich? Und was möchte ich erreichen, um meinen Platz im großen Puzzle des Lebens zu finden.
Warum haben viele Jugendliche keine gute Berufsorientierung, wenn sie zu JOBLINGE kommen?
Berufsorientierung ist ein langfristiger mehrdimensionaler Prozess. Schule, außerschulische Kontexte und das Elternhaus übernehmen dabei wichtige Aufgaben. Ich wünsche mir, dass mehr Hand in Hand gearbeitet wird und den Jugendlichen durch Praktika, Ferienjobs oder ehrenamtliche Tätigkeiten Lebenserfahrungen vermittelt werden.
Besonders helfend sind wertschätzende Gespräche, um mit dem Jugendlichen Ereignisse, Beobachtungen und Erlebnisse zu reflektieren.
Das Bewusstwerden eigener Interessen und Fähigkeiten, die Sammlung von Erfahrungen, realistische Vorstellungen bezüglich der beruflichen Möglichkeiten, die Eingrenzung der Alternativen sowie das Treffen von Entscheidungen sind wichtige Kompetenzen für Jugendliche. Wir helfen, diese Fertigkeiten weiterzuentwickeln.
Was muss gute Berufsorientierung leisten können?
Jugendliche empfinden es in der aktuellen Zeit schwierig, die „richtige“ Entscheidung zu treffen. Es geht nicht nur um naheliegende Angebote bei Ausbildungsplätzen. Auch ein angeblicher Fachkräftebedarf oder die Meinung von Dritten können nicht die alleinige Orientierungshilfe sein.
Bildungsbezogene Berufsorientierung muss Fragen stellen: „Zu wem passt die schulische Ausbildung?“, „Wem tut eine duale Ausbildung gut?“, „Was passiert, wenn ich in drei Jahren etwas Anderes machen möchte?“ Meine Motivation bei JOBLINGE ist es, gemeinsam mit den Jugendlichen die passenden Fragen und Antworten zu finden.