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Fördern statt ausbremsen:

Wie wir im Übergangssystem den Fuß wieder aufs Gaspedal bekommen und arbeitslose Jugendliche trotz Krise zu Fachkräften machen


Seit mehr als zwölf Jahren arbeiten wir daran, dass junge Menschen ohne die Hürden ihrer Herkunft selbst einen Ausbildungsplatz finden. 7 von 10, die zu uns kommen, werden vermittelt. Oft auch mehr. Obwohl ihnen das vorher jahrelang niemand zugetraut hat.

Doch in der Corona-Krise droht diesen jungen Erwachsenen einmal mehr das Schicksal: keine Lobby, keine Förderung, hohes Arbeitsmarktrisiko. Wir zeigen, wie wir auch jetzt geringqualifizierten Jugendlichen mindestens die gleichen Chancen geben können, ihre Zukunft in der Krise aufzubauen. Drei konkrete Forderungen, die wir aus zwölf Jahren praktischer Erfahrung und monatelanger Arbeit in der Corona-Krise ziehen. Von März 2020 bis zum Jahresende haben wir trotz aller Widrigkeiten über 500 junge Menschen in Ausbildung vermittelt – eine Vermittlungsquote von 78 Prozent im Jahr 2020.


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neue Teilnehmende
trotz Corona

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gestartete Praktika
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Vermittlungen in Ausbildung
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1. Jugendarbeitslosigkeit ernst nehmen:

Eine halbe Million Menschen zwischen 15 und 24 Jahren – nicht 150.000 – sind arbeitslos und suchen Ausbildung. Die Krise wird die Zahlen steigen lassen und das Problem verschärfen. Wir müssen das Übergangssystem dringend reformieren, in das jährlich rund fünf Milliarden Euro fließen.
 

  • Eine aktuelle Studie des Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie in Berlin (FiBS) zeigt auf, dass statt 8,9 Prozent (2019) die „korrigierte“ Quote unter Einrechnung aller im so genannten Übergangssystem ‚geparkten‘ Jugendlichen bei 25,9  Prozent liegen müsste. (Quote für 15- bis 24-Jährige in Deutschland)
     
  • Das kontinuierliche Sinken der offiziellen Quote in den vergangenen Jahren ist laut dieser Studie darauf zurückzuführen, dass große Teile der Jugendlichen mit und ohne Schulabschluss in das Übergangssystem einmünden und dadurch nicht mehr als arbeitslos erfasst werden. In den letzten Jahren waren dies bis zu 360.000 junge Menschen. Nicht zuletzt trägt dieses Übergangssystem auch deshalb die Namen Auffangbecken und Warteschleife.
     
  • Doch wer den Anschluss früh verpasst, schafft es auch später seltener. Unter 34 Jahren haben 2,1 Millionen Menschen in Deutschland keine Ausbildung. Potenzielle Fachkräfte, die dem Arbeitsmarkt fehlen.

 

Wir sind der Meinung: Jede*r einzelne hat das Recht auf (Aus-)Bildung. Gerade in der aktuellen Krise müssen wir die ungleichen Chancen, die durch unterschiedliche Schulabschlüsse sowie familiäre Strukturen entstehen, mit schneller Nachqualifizierung und digitalen Lernkonzepten ausgleichen.
 

Seit Jahren zeigen wir, dass wir mit dem pädagogischen Fokus auf Stärken, eng begleiteten Möglichkeiten sich im betrieblichen Arbeitseinsatz zu erproben und dem Zutrauen, Jugendlichen Selbstvertrauen und Orientierung zurückgeben können. So finden sie passende Ausbildungen und schließen diese auch ab. Gepaart mit Blended-Learning-Ansätzen, Ausstattung mit Laptops und IT-Infrastruktur konnten wir selbst in der Krise mehr als 700 neue Teilnehmende aufnehmen, über 670 Praktika in Unternehmen starten und mehr als 520 von ihnen in Ausbildung vermitteln.

Wenn wir in Kurzarbeit gegangen wären, hätten wir sie nicht unterstützen können. Und eine Vermittlungsquote von 78 sowie eine Nachhaltigkeitsquote von 86 Prozent im Jahr 2020 erreichen können. Agiles Arbeiten, enge Kooperation mit Unternehmen und der Fokus auf Wirkung sowie innovative Lernkonzepte auch vor der Krise sind unsere Erfolgstreiber.
 

Daher ist die Förderung und Weiterentwicklung der Bildungsträger genauso entscheidend, wie die der Schulen. Ebenso aber der Ausbau der Ausbildungsprämien für die Unternehmen, die trotz Krise an ihren Ausbildungsplätzen festhalten. Hier muss investiert werden, damit der Anschluss an den Arbeitsmarkt bleibt.


2. Übergangssystem reformieren:

Nur Programme fördern, deren Wirkung nachweisbar ist. Mehr Transparenz im Übergangssystem mit gemeinsamen Standards.

Ein Auffangbecken, das Jugendlichen kaum bessere Chancen bietet, bedeutet, dass die meisten Programme offenbar keinerlei Wirkung haben auf bessere Ausbildungschancen. Die Steuerung und Finanzierung von Maßnahmen durch die Öffentliche Hand muss den Anreiz setzen, Arbeitslose nachhaltig zu vermitteln und nicht sie möglichst lange „im System“ zu halten.
 

  • Der Social Impact sollte die Basis für Finanzierung sein. Nach Wirkung finanzieren statt nach Kosten pro Teilnehmenden. Die zentrale Größe im Einkauf von Maßnahmen sind nach wie vor die monatlichen Kosten eines Teilnehmenden, und nicht die Kosten für seine nachhaltige Integration. Damit werden finanzielle Köder gelegt: Je länger ein Teilnehmender im System gehalten wird, desto mehr Fördermittel fließen.
     
  • Wir brauchen zudem mehr Transparenz, Anreize zu Innovation und Kooperation, eine Selektion der Anbieter über Qualität sowie einen Wettbewerb im Einklang mit dem sozialen Ziel. Und nicht, wie bisher, einen reinen Kostenwettbewerb.

  • Ein gemeinsamer Standard zur Wirksamkeitsmessung von Programmen im Milliarden-Markt Übergangssystem ist nötig und möglich. Er ist die Voraussetzung für faktenbasiertes Voneinander-Lernen. Ob Arbeitsintegration gelingt, ist zweifellos sehr gut messbar.


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statt 9% korrigierte Jugendarbeitslosigkeit

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statt 150.000 arbeitslose
junge Menschen

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Millionen unter 34 Jahren
ohne Berufsabschluss


3. Pädagogische Haltung auf Stärken fokussieren:

Die Programme pädagogisch so weiterentwickeln, dass sie die jungen Menschen nicht verwalten, sondern deren Zukunft gemeinsam mit ihnen und Partnern gestalten.


Um Themen wie Digitalisierung, Arbeitsmarkt 4.0 und demografischem Wandel erfolgreich zu begegnen, brauchen wir agile und bedarfsorientierte Lösungen jenseits des Korsetts der gängigen Förderlogik.

  • JOBLINGE hat beispielsweise das Thema Digitalisierung schon vor einiger Zeit als Zukunftsthema für sich erkannt und entsprechend in sein Programm implementiert. Dadurch konnten wir auch jetzt in der Krise auf zahlreiche Erfahrungen in puncto digitales Lernen und digitale Lernplattformen zurückgreifen und dieses Wissen den Jugendlichen didaktisch zugänglich machen. Nicht zuletzt erlernen diese in einer solchen Ausnahmesituation die konkrete Lernkompetenz flexibel zu agieren, sich an unvorhersehbare Problemlagen anzupassen und zurecht zu finden, indem sie Neuem gegenüber aufgeschlossen sind. Dies alles sind Eigenschaften, die sie für die Anforderungen einer Ausbildung vorbereiten und qualifizieren. Das ist das primäre Ziel, das wir mit dem JOBLINGE-Programm erreichen möchten – im analogen, wie im digitalen.
     
  • Gerade in der Krise müssen sich junge Menschen mit Startschwierigkeiten bei potenziellen Ausbilder*innen beweisen können, wenn das reine Bewerben oft jahrelang nicht funktioniert hat. Auch hier braucht es agile Lösungen, wenn Kurzzeitpraktika, persönliche Workshops und Schnuppertage vor Ort wegen der Corona-Krise nicht mehr funktionieren. Beispielsweise digitale Jobmessen oder digitale Unternehmenspräsentationen. Schließlich steht nichts weniger als die Zukunft der nächsten Generation auf dem Spiel.

  • Ebenso müssen wir die pädagogische Haltung innerhalb des Übergangssystems synchronisieren. Junge, geringqualifizierte Menschen mit Startschwierigkeiten brauchen Unterstützung. Aber vor allem müssen sie vorbereitet werden auf die realistischen Anforderungen des Arbeitsmarktes. Dies funktioniert nur, wenn man ihnen zutraut - und hilft - Hürden zu überwinden, sie fordert und sie an realen Anforderungen wachsen lässt. Hilfe darf nicht Entmündigung sein, sondern Befähigung zur Selbstverantwortung.

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